Amateurfunk DL1JWD

Mein neuer Kabelrechner

Meinen Kabelrechner benutze ich nicht nur als "Allzweckwaffe" wenn es um Ein- und Ausgangs­impedanzen und um Verluste in Speiseleitungen geht, sondern er erleichtert mir bereits im Vorfeld eine Entscheidung darüber, ob trotz eines idealen senderseitigen SWV=1,0 und eines sehr verlustarmen Kopplers eine bestimmte Antenne überhaupt sinnvoll betrieben werden kann.

In der neuen Version 2.3 habe ich die Eingabe der Kabeldämpfung vereinfacht und die Verlustanalyse so erweitert, dass nunmehr die zwei Extremfälle analysiert werden können, zwischen denen man sich i.A. in der Praxis bewegt:
• Anpassung PA an Feeder mit idealem Tuner
• Verzicht auf Tuner (PA ist direkt mit Feeder verbunden)
Letztere Betriebsart hat sich als besonders zweckmäßig erwiesen bei der Kontrolle des SWV und bei der Bestimmung von Wirkungsgrad und Spannungen multiresonanter so genannter "Wunderantennen" ähnlich der ZS6BKW, wie sie mit dem MRF-Tool gefunden werden können.

Beispiel 1

Eine „kurze“ 2x6,5m Doppelzepp wird auf dem 80m-Band über eine 10m lange Hühner­leiter (Zw=600Ω; VF=0,95) mittels eines symmetrischen Antennen­kopplers an den unsymmetrischen 50Ω-Ausgang der PA angepasst.
Die Grund­dämpfung einer guten Hühnerleiter beträgt ca. 0,17dB/100m bezogen auf 10MHz.
Mit einem Antennenanalysator (VNA) wird (natürlich bei abgetrenntem Koppler!) die Eingangsimpedanz des Feeders für 3,65MHz gemessen: ZE(Ohm) = 1,4 -j306.


Welchen maximalen Wirkungsgrad kann ich, unabhängig vom Koppler, mit dieser Antennenanlage überhaupt erreichen?

Beispiel 1


Wir beginnen mit der Eingabe von Frequenz und Kabeldaten. Im Interesse der Genauigkeit, sollte man die Kabel­dämpfung a(dB/100m) für eine Frequenz @f(MHz) eintragen, die sich möglichst nahe der Betriebsfrequenz F befindet.
Die automatische Anpassung der Kabeldämpfung an F erfolgt dann auf bekannte Weise proportional zum Verhältnis Wurzel aus F/@f .
Nun brauchen wir nur noch die gemessene Eingangs-impedanz des Feeders in die gelben Felder einzutragen und auf den "=>"-Button zu klicken:

 

Rechts sehen wir nun die Werte für die Fußpunktimpedanz der Antenne.
Damit hat uns der Kabelrechner ganz nebenbei auch die Mühen einer gefährlichen Messung in luftiger Höhe, direkt am Einspeisepunkt des Dipols, erspart.
Falls wir eine solche Messung dennoch vornehmen wollen (z.B. mit einem miniVNApro über Bluetooth) oder wir haben den Dipol simuliert (z.B. mit EZNEC), so bietet sich der umgekehrte Weg an: wir tragen die gemessene Fußpunkt-impedanz rechts ein und transformieren diese mittels "<="-Button in die Eingangs­impedanz des Feeders.

Die Ergebnisse der Verlustanalyse werden sichtbar, wenn ich das Fenster mit der Maus am unteren Rand anfasse und aufziehe:

Der relativ geringe Ausschlag des grünen Balkens bedeutet, dass nur ca. 36% der max. verfügbaren PA-Leistung im Strahlungswiderstand der Antenne (RA) umgesetzt werden können.
Diese 36% sind aber ein theoretischer Grenzwert, den wir nur mit einem idealen, völlig verlustfreien Antennenkoppler bei einem senderseitigen SWV = 1,0 erreichen würden.
Da es solch traumhafte Koppler natürlich in der Praxis nicht gibt, wird die reale Transmission (hier gleichbedeutend mit dem Wirkungsgrad) mehr oder weniger unterhalb dieses Wertes liegen.

Es scheint paradox, dass der überwiegende Teil der Sendeleistung in der hochwertigen und relativ kurzen Hühnerleiter hängenbleibt, obwohl diese lt. Datenblatt eine praktisch vernachlässigbare Dämpfung von nur 0,01dB hat!
Die Herstellerangaben beziehen sich aber immer nur auf die Dämpfung eines stehwellenfreien, d.h. beidseitig mit dem Wellenwiderstand abgeschlossenen, Kabels!

Ursache der hohen Verluste ist die extreme SWV-bedingte Zusatzdämpfung der Hühnerleiter von satten 4,4dB.
Eine Ernüchterung für alle SWV-Gläubigen, die bislang immer der Überzeugung waren, mit einer tollen Antenne zu arbeiten und in dieser Auffassung auch noch durch angebliche Super-Rapporte bestätigt wurden.

Last but not least:
Gewissermaßen als "Zugabe" ermittelt der Kabelrechner auch noch das antennenseitige SWV sowie die Spannungen am Ein- und Ausgang des Feeders, für letzteres muss natürlich vorher noch die PA-Leistung (oben links) eingegeben werden.
Bei einer 100Watt-PA liegen am Antennenfußpunkt gefährliche 4,7kV an - hätten Sie das für möglich gehalten?

Beispiel 2

Wir ersetzen im Vorgängerbeispiel die 10m-Hühnerleiter durch 8m verseilte Installationslitze und erhalten damit eine sogenannte Twisted Hille, wie sie als "leichte Multiband-Antenne" für den Portablebetrieb sogar kommerziell vertrieben wird!
Die Daten der verseilten Installationslitze habe ich wie folgt gemessen:
Zw = 100Ohm; VF = 0,68;
Kabeldämpfung a = 9dB/100m bei 10MHz

Welche Transmission (bzw. welchen Antennenwirkungsgrad) kann man mit einer "Twisted Hille" auf den klassischen Amateurfunkbändern überhaupt erreichen?

Der Kabelrechner liefert schockierende Ergebnisse:
Band(MHz) RA(Ohm) jXA(Ohm) Transmission(%)
3,65		5	-1978	0,2 
7,1		21,5	-725	4,37 
14,1		143	391	38,13 
21,1		2605	1715	14,82 
28,5		218,3	-955	11,14 

Nur auf dem 20m-Band erreicht die Transmission (bzw. der Wirkungsgrad) einen gerade noch tolerierbaren Wert von ca. 38%, auf den übrigen Bändern bleibt aufgrund der hohen SWV-bedingten Zusatzverluste der überwiegende Teil der Sendeleistung im Zuleitungskabel hängen.

Fazit:
Die "Twisted Hille" ist ein höchst fragwürdiges Gebilde, auch wenn sie sich mit SWV=1,0 perfekt an den Senderausgang anpassen lässt!
An der katastrophalen Energiebilanz kann auch extrem hochwertiges Zuleitungskabel nichts Wesentliches ändern (siehe Beispiel 1).

Anmerkung:
Verständlicherweise war der OM und Hersteller der Twisted Hille über diese Analyse alles andere als hocherfreut, allzumal das Geschäft mit dieser Antenne ja gut zu laufen scheint und angeblich bislang auch kein Kunde reklamiert hat (ok, man kann auch mit der geringen Restleistung die oben am Strahler ankommt noch QSOs fahren).
Natürlich möchte ich dem OM nicht unrecht tun und habe die Antenne nochmals mit sehr hochwertiger verdrillter Liste modelliert, deren Grunddämpfung (4.5dB/100m@ 10MHz) gleich oder besser als die von RG58 ist (in Realität ist mir solch verlustarme Litze allerdings nicht bekannt).
Die Simulation mit dem Dppelzepprechner unter Verwendung des ATU SG230 zeigt, dass auch die Verwendung solch utopisch hochwertigen Kabels kaum etwas an der verheerenden Energiebilanz ändert (evtl. mit Ausnahme 20- und 30m-Band) und das trotz perfektem SWR!
Schuld ist nicht etwa die Grunddämpfung des Kabels sondern es sind die extrem hohen SWR-bedingten Zusatzverluste, wie sie typisch für die Anpassung sehr kurzer und damit sehr niederohmiger Dipole sind. Die annähernde Richtigkeit meiner Berechnungen kann jederzeit durch praktische Messungen besstätigt werden oder z.B. auch mit EZNEC.

Twisted Hille mit extrem hochwertigen Kabel

Beispiel 3

Im Unterschied zur "Twisted Hille" und anderen ähnlichen Konstrukten verdient die ZS6BKW-Doppelzepp tatsächlich das Prädikat "Wunderantenne", dies lässt sich leicht mit dem MRF nachweisen.
Bei einer Strahlerlänge von 27,8m und einer Feederlänge von 12,5m mit halboffener Wireman-Bandleitung kommt diese Antenne auf 5 Bändern (40m, 20m, 12m, 10m, 6m) auf ein senderseitiges SWV von kleiner 2,0, und das ohne Verwendung eines Antennentuners!

Aber auch das 80m-Band ist noch gut abstimmbar, hier hat der MRF ein SWV von kleiner 10 ermittelt, mit welchen Verlusten ist zu rechnen?

Mit dem OCF-Dipol-Rechner bestimmen wir zunächst die Fußpunktimpedanz des Dipols für 3,65MHz:
ZA (Ohm) = 26,4 - j582,8

Der Kabelrechner zeigt, dass nur mit einem hochwertigen Antennenkoppler ein akzeptabler Wirkungsgrad von ca. 70% zu erzielen ist:



Zu Vergleichszwecken zeigt der Kabelrechner im unteren Teil auch die Verhältnisse an, wenn man auf dem 80m-Band gänzlich auf einen Tuner verzichten würde (dabei nehmen wir an, dass die PA wegen der Fehlanpassung (SWV = 6,5) nicht herunter regelt).

Bemerkung: Meine Berechnung des antennenseitigen SWV wurde von einem OM kritisiert, mehr dazu hier.